von rosé
Alles Neue bringt der Mai: Im Monat Mai des Jahres 1913 erscheint die erste Ausgabe der Jugendzeitschrift „Der Anfang. Zeitschrift der Jugend“. Presserechtlich vom Schulreformer Gustav Wyneken verantwortet, erscheint die Monatszeitschrift unter der Herausgeberschaft der beiden 1892 geborenen Studenten Georges Barbizon (Pseudonym für Georg Gretor, einen früheren Wickersdorfschüler) und Siegfried Bernfeld, des später bekannten Pädagogen, Jugendforschers und Psychoanalytikers. Der forsche Duktus der Beiträge und die harschen Kritiken am bestehenden Schulsystem sorgen in der Öffentlichkeit für großes Aufsehen. Erstmals erhebt sich eine Schrift, eine explizit jugendliche Gegenöffentlichkeit für den gesamten deutschen Sprachraum zu bilden. So schreibt Georges Barbizon in der ersten Ausgabe der Zeitschrift, daß diese eine „Tribüne der Jugend“ sei: „Es betrete sie jeder der von dem Rechte der Jugend auf ein ihr gemäßes Leben durchdrungen ist und der den Glauben hat, daß in ihr mehr Kräfte liegen, als gegenwärtig durch das System ihrer Entrechtung ausgelöst werden. Es handelt sich um einen Kulturkampf: den Jugendkulturkampf.“
Erschienen im Verlag der expressionistischen, linkspolitischen Zeitschrift „Die Aktion“, bestand der Kreis um die Zeitschrift besonders aus Schülern und Studenten aus großbürgerlichem, vielfach jüdischem Herkunftsmilieu. Redigiert wurde im Haus von Käthe Kollwitz, bei der Georg Gretor in Berlin wohnte und deren Sohn Hans (Kollwitz) ebenfalls im „Anfang“ veröffentlichte. Auch weitere später bekanntgeworden Persönlichkeiten wie Walter Benjamin (Pseudonym „Ardor“, Jg. 1892) oder Wieland Herzfelde (Jg. 1896) schrieben für das Blatt. Themen waren vor allem Jugendkultur und Jugendbewegung, Schulkritik, Religion und Moral, Jugendsexualität und Lyrik.
Den kommenden Meißnerfahrern als geistige Wegzehrung empfohlen, sind alle erschienenen Hefte vollständig digitalisiert als pdf auf den Seiten der Frankfurter Goethe-Universität zu finden: Zeitschrift „Der Anfang“. Was dann noch fehlt, nämlich der speziell an die Wandervögel gerichtete Aufruf zur Mitarbeit am Anfang, legen wir oben drauf: Aufruf – Anfang – Leinen los!
Aufruf 2.0: Wer bei diesem “Jugend-Blog” mitwirken möchte oder ein lyrisches Händchen hat, der sei hiermit zur Teilnahme aufgerufen.