Demokratie ist nicht Sache der Frau …

ajh… und Demokratie ist in unserem Land ebensowenig die Sache des Mannes – es ist die Sache aller. Das war nicht immer so gewesen, hierfür wurde gestritten. Nicht minder gestritten wurde um eine andere Polarität: Demokratie ist die Sache vieler und die Sache höchst unterschiedlicher Denkrichtungen. Unterschied meint dabei nicht Klufthemd innerhalb oder außerhalb der Hose! Warum? Weil wir Deutschen es mittlerweile wissen sollten was es bedeutet, wenn eine Denkrichtung vorherrschend und „alternativlos“ ist. Das sich in der Moderne die Parlamentarier diese sonderbare Trennung in links und rechts haben einfallen lassen, dafür können wir alle nichts. Diese Trennung ist jetzt erst einmal da und mittlerweile schon ganz schön langlebig. Beide meinen, ihr Weg ist der Richtige, beide halten die andere Seite für falsch. Ist zwar irgendwie platt und es ist nicht anzunehmen, daß wir die Probleme der Menschheit so gelöst bekommen, aber das ist eine andere Geschichte. Was denn nun in die Richtung „Links“ und was in die Richtung „Rechts“ fällt wird erstaunlich unterschiedlich definiert: Das kann tatsächlich soweit gehen, daß von beiden Seiten – mit jeweils durchaus stichhaltigen Argumenten – der Nationalsozialismus mal mehr der einen und mal mehr der anderen Seite zugeschlagen wird. Ein Herangehen ist vielleicht die Unterscheidung in links = Streben nach Gleichheit und rechts = Streben nach Unterschiedlichkeit/Individualität. Beides kann pervertiert werden: zuviel Gleichheitsgedanke führt zu Zwangskollektiven und der Verfolgung von Abweichlern, zuviel Betonung von Unterschiedlichkeit führt zu blindem hierarchischem Kadavergehorsam, Chauvinismus und einem vermeintlichem „Recht des Stärkeren“. Beide Richtungen in der Überbetonung ziemlicher Mist, beide ohne Überbetonung wichtige Elemente einer Gesellschaft. Wirklich konträre Ansichten dienen der demokratischen Sache als Korrektiv, damit sich keine Seite im eigenen Zirkelschluß verrennt. Eine politische Wippe, mal hat die eine, mal die andere Seite das stärkere Gewicht: Hauptsache, irgendwie bleibt die Sache in Gang, sonst ist das Spiel vorbei.

Wozu denn nun bitte dieses Metageplauder? Weil es um eine konkrete Situation geht:

Der BdP braucht ein Gegengewicht

Die Situation: Auf der Nachfeier des letzten Hamburger Singewettstreits kam es zu äußerst unschönen Szenen, bei der ein Lio zusammen mit anderen Pfadfindern, vor allem des BdP aus Bargteheide, mit sehr zweifelhaften Mitteln dafür sorgte, daß eine kleine Gruppe von Kindern und Jugendlichen des Freibundes, die bisher nicht weiter auffällig geworden waren, die Veranstaltung verlassen mußte. In der anschließenden Debatte kam es weder von Seiten der Stammes-[1] noch von der Bundesführung zu einer selbstkritischen Beurteilung oder einer Entschuldigung bei den Minderjährigen oder dem Veranstalter der Nachfeier. Es kamen neben Forderungen an den Vorbereitungskreis nur verharmlosende Worte. So verklärte man die Aktion seitens des Bundesvorstands:

„Unseren Erkundigungen zu Folge wurde weder körperliche Gewalt ausgeübt, noch Kinder eingeschüchtert. Der Ausschluss von der Veranstaltung geschah letzten Endes im Einvernehmen mit dem Veranstalter. Auch für die unterstellte linkspolitische Motivation der betreffenden Personen, lassen sich aus unserer Sicht keine Anhaltspunkte finden.“[2]

Doch gerade jene Pfadfinder aus Bargteheide engagieren sich nebenher sehr wohl in zutiefst „linkspolitischen“ Kreisen. So ist eben jener damalige Bargteheider BdP-Stammesführer Lio von der Nachfeier zugleich auf dem Informationsportal Indymedia im gleichen Jahr 2010 als Sprecher des „Autonomen Jugendhauses Bargteheide“[3] genannt. Nun ist ein freies, selbstverwaltetes Jugendhaus eine schöne Sache, aber bei genauerem Hinsehen erweist sich deren Engagement nicht mehr nur als „linkspolitisch“, wie etwa die politischen Bekenntnissymbole und Bildchen auf deren Myspace-Seite[4] oder die dortige Plazierung von Plakaten der Roten Hilfe zeigen.

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Als Freunde des Hauses in Bargteheide werden die Antifa Ahrensburg, Antifa Bad Segeberg und Antifa Bagdad (Bargteheide) genannt.[5]

Eroberung des vorpolitischen Raumes doch eher von „links“?

Auch mit seiner früheren Band Congomoto spielte der (jetzt ex-)Stammesführer Lio zusammen mit mehreren BdP-Geisterburgern zum 25. Jubiläum des besagten Autonomen Jugendhauses und in ähnlichen Szenelokalen. Sie heizten dem dortigen Milieu mit Reimen wie „dies ist eine Kampfansage gegen die deutsche Naziplage“[6] ordentlich ein. Ja, es geht hier durchaus um Milieu – um ein politisches und zugleich auch kulturell-vorpolitisches Milieu: „tanzen und singen bis die Schwarte kracht“. Wie war das doch noch mit diesem Zitat von Felix M. bezüglich Milieubildung, über das – zu Recht – einiger Unmut und Bauchschmerz herrscht?[7] Doch wird nicht gerade hier Theorie zur Wirklichkeit? Aber gut, zurück zur demokratischen Pluralität und weg von Äußerungen und Aktionen einzelner junger Männer. Das Problem sind schließlich nicht Lio und andere jüngere Pfadis, die politische Erfahrungen auch an Grenzbereichen des demokratischen Spektrums machen, sondern Landes- und Bundesleitungen, die auf dieser Ebene leider nicht als demokratisches Korrektiv wirken, sondern die „Kampfansage gegen die deutsche Naziplage“ gefährlich ausweiten: ausweiten auf Bünde, die Einzelmitglieder haben, die „rechte Ideen“ gutheißen bis hin zum undefinierbaren Makel „rechter Tendenzen“![8] Augenblick, durchatmen, wie war das doch gleich mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung? Klar, es geht um die Angst, daß sich moderne Rechtsextremisten „harmlos darstellen und sich so einen anerkannten Platz in der Gesellschaft sichern“[9]. Doch kann eine unbestimmte Angst vor Verschleierung wirklich das Argument sein, unsere offene Gesellschaft in ein Spektrum von extrem links bis zu einer rechts-tendenzfreien Mitte einzuschränken und alle Anderen auszugrenzen? Demokratie ist kein gemütliches auf die Schulter klopfen – Toleranz beginnt erst auf der Schwelle zur Gegenposition!

Leider ist dieses eigenwillige Demokratieverständnis des norddeutschen BdP-Landesverbandes kein Einzelfall im Bund.[10] Ebenso aus Bargteheide stammt der hauptverantwortliche Bundesleiter der Ranger/Roverstufe Olli, der auf seinem Blog nicht nur gegen „Rechte Jugendbünde“ schreibt, sondern auch zur „Solidarität“ für die linksextreme Rote Flora aufruft, nachdem der „Polizeistaat“ deren Räumlichkeiten durchsuchte.[11] An anderer Stelle vermittelt er Busreisen der Linksjugend ['solid] zu Demonstrationen.[12] Selbstredend fehlt auch nicht der mehrfache Verweis zum bereits genannten „Autonomen Jugendhaus“.

Auffallend passiv verhält sich der Bund auch trotz mehrmaliger Nachfragen, nachdem eine Delegation des Bundes an einem kommunistischen Kongreß teilnahm und zusammen mit politischen Organisationen wie dem Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD und der FDJ eine kämpferische Proklamation im Namen des Gesamtbundes unterzeichnete.[13] Ebenso wenig stört sich der Bund scheinbar an der Nutzung seiner Zeltplätze durch gewaltbereite linksextreme Gruppen.So beschwichtigte ein Vertreter des Bundesvorstandes nach Medienberichten über „Nachkampf und linke Agitation im Zeltlager“ [14] damals wie folgt:

„Auf Nachfrage bei unserem hessischen Bildungsreferenten Hans-Joachim B. (Jockel) haben sich die Veranstalter beim ihm als linke Jugendgruppe vorgestellt, waren kooperativ und haben transparent gemacht, was sie auf dem Lager vorhatten. Von „Nahkampf“ war in diesem Zusammenhang überhaupt keine Rede.“[15]

Insbesondere auf Initiative der Geisterburger aus Bargteheide, lädt der Landesverband Schleswig-Holstein/Hamburg nun zu einer Gegenveranstaltung des Hamburger Singewettstreits ein. Dieser ist nach Ansicht der Einladenden notwendig geworden, nachdem sich der Vorbereitungskreis keine „umfassende“ Ausladung vermeintlich „rechter“ Jugendbewegter aufzwingen ließ. Wer den Hamburger Singewettstreit halbwegs kennt, wird spätestens an dieser Stelle auch mal herzlich lachen dürfen. Wenn auf dem HaSiWe die Gefahr einer politisch einseitigen Tendenz der Besucher aufkommen sollte, dann gewiß nicht von „rechts“! Mag sein, daß auch der Vorbereitungskreis ein wenig irritiert gewesen sein dürfte, einmal mit solchen Vorwürfen konfrontiert zu werden. Er stellte schließlich fest:

„ … Wir können jedoch die politische Meinung eines jeden einzelnen Zuschauers nicht überprüfen und wollen dies auch nicht. Der Hamburger Singewettstreit war immer eine bunte, tolerante und überbündische Veranstaltung. Damit diese Atmosphäre auf dem Singewettstreit erhalten bleibt, erwarten wir von allen Anwesenden ein gewaltfreies und respektvolles Miteinander.“[16]

In sich konsequent befolgt der BdP SH/HH bei seiner zuvor angedrohten Gegenveranstaltung nun den Rat von Jan Jetter und bedient sich zur Ausladung Unliebsamer des Paragraphen 6 Versammlungsgesetz. Schließlich wird es neben dem Singen auch Angebote zur politischen Bildung geben, die selbstverständlich ohne Gegenrede durchgeführt sein wollen. Eigenwillig, daß hier noch alle Wölflinge und Pfadis dabei sein dürfen – am Abend aber, wenn gesungen und getanzt werden soll, sind sie nicht mehr erwünscht.

Daß nun gerade Teile des Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BdP) ihr politisches Engagement so einseitig ausleben, muß betrüben. Schließlich stemmten sich seine Mitglieder einst gegen die Politisierung des Bundes Deutscher Pfadfinder (BDP). Aus Sicht des BdP umfassend nachzulesen in dem Buch „Strategien einer Unterwanderung“. Dem größten interkonfessionellen Pfadfinderbund Deutschlands wünschen wir dringend ein Korrektiv der Vernunft und Toleranz. Demokratie will gewagt werden!

Nachtrag:

Die Lieder sind verklungen, der Hamburger Singwettstreit 2011 ist vorbei. Wie verlautbart wurde, „war keiner der Kritischen anwesend“, weder selbsternannte Rauswerfer noch „gewaltfrei“ Hinausgeworfene.

Unter den Diskutierenden wurde die seitens einiger BdPer betriebene „Politisierung“ und „Spalterei“ auch in den eigenen Reihen zunehmend kritisiert. Ein Pfadfinder meint sogar zu wissen, daß „zumindest EIN Landesvorstand in dieser Liste […] geschummelt“ war. Ein anderer Besucher des Wettstreites kritisierte, man könne „nicht einen Singewettstreit boykottieren und mit einer Gegenveranstaltung noch Besucher abwerben und dann vor der Eingangstüre seine CDs versuchen unter den Mann zu bringen. Steht hier der Kommerz über den Überzeugungen?“

Auf die durchaus berechtigte Frage, wie man einen Unerwünschten, der „ganz normale Straßenklamotten anhat“, erkennen soll, wußte man bisher keinen vernünftigen Rat. Aus einem Bericht des NDR geht nun hervor, daß mit Jesko W. ein „Experte“ in dieser Funktion längst tätig geworden ist. Fündig wurde er gleichwohl nicht. Die Botschaft ist dennoch klar: Wer kommt und erkannt wird, der darf zwar rein – aber auch an den Pranger. Mutige vor!

Etwas sonderbar, aber nicht minder mutig, ist das nachträgliche „Geständnis“ eines leitenden BdP-Mitgliedes, das unter fragwürdigen Bedingungen zugibt: „Ja, ich bin linksextrem!“ So weit wäre unsere kritische Einschätzung hier niemals gegangen.

Der vorangestellte Artikel rund um den Hamburger Singewettstreit weist gewiß sehr verengt, aber durchaus bewußt auf den politischen Trend eines großen Pfadfinderbundes hin. So finden wir die Erkenntnis eines Lesers zwar etwas überzogen, aber in allgemeiner Hinsicht geradezu passend. Auf die Erkenntnis „wissentlich und absichtlich den anderen schlecht zu machen ist Hetze“ erwidert ein anderes BdP-Mitglied: „Das ist ja ganz lustig, mal die immer der anderen Seite vorgeworfenen Techniken auf den BdP anzuwenden.“

Und genau diese zwei Zitate nehmen wir zum Anlaß folgendes ergänzend festzustellen:

Der Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder ist der größte überkonfessionelle Pfadfinderbund Deutschlands. Er hat sich trotz seiner Größe ein beachtliches jugendbewegtes Bewußtsein bewahrt. Seine Gruppe und Stämme beweisen seit jeher auf musikalischen Festen von der Elbe bis zum Rhein hohes musikalisches Niveau. Der BdP ist tatkräftig mit mehreren Stämmen am Aufbau des Enno-Narten-Baus beteiligt und stellt dort einen Teil der Bauleitung. Vorbildlich wird seitens des BdP mit den Problemen sexualisierter Gewalt umgegangen. Viele Bundesmitglieder beweisen neben ihrer Pfadfindertätigkeit vielfältiges ehrenamtliches Engagement. Diese positiven Beispiele sollten jedoch nicht von einseitigen Politisierungstendenzen überlagert werden. Deshalb werden wir auch zukünftig auf negative Trends und Widersprüchlichkeiten hinweisen.

Einige Stimmen – auch aus dem BdP selbst – zum Ottensängerfest und zum HaSiWe findet Ihr im Pfadfinder-Treffpunkt in diesem Faden.

Bildquelle: www.myspace.com (R107-Crew/AJH Bargteheide)

[4] http://www.myspace.com/r107-crew, eingesehen am 5. Februar 2011

[5] http://www.autonomes.de/wordpress/ eingesehen am 5. Februar 2011

[9] So im Begleitschreiben des BdP LV SH/HH zum Offenen Brief an die Veranstalter des Hamburger Singewettstreits, September 2010.

[10]http://www.pfadfinder-treffpunkt.de/include.php?path=forum/showthread.php&threadid=9955&entries=60, eingesehen am 13. Februar 2011, “Vollständigkeitshalber sei noch gesagt, dass “unsere” Einschätzungen aus dem ersten Brief die der Landesverbände B/Br, RLP/S, SH/HH, NDS und Bay bzw. dessen Vorständen sind, es sich also nicht um eine Randgruppe handelt.” Zitat Assel, Beitrag vom 11.02.2011

[11] Artikel „Rote Flora – Solidarität!!!“ vom 9. Mai 2007 von daburna auf www.daburna.de/blog

[12] Artikel www.daburna.de/blog/tag/antifa, vom 29.01.2010,


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