Die folgenden Gedichte und kurzen Texte entstanden in den letzten Minuten der Schreibwerkstatt auf dem diesjährigen Akademischen Wochenende. Vorgabe für die Gruppe aus Pfadindern, Bündischen, Wandervögeln und Gildnern war es, die eigenen Gedanken und Empfindungen zum Thema: „Draußen bleiben.“ aufzuschreiben. Angesichts der weiterhin aktuellen Debatte zum Thema Offenheit/Toleranz/Mut versus Verschlossenheit/Ausgrenzung/Angst haben wir uns entschlossen, die Werke hier zu veröffentlichen.
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Mauern, die verschlossen sind,
und kein Tor knarzt leis’ im Wind,
dessen Angeln Dir vielleicht
Möglichkeit und Eintritt schenkten,
wenn sich nur die Schleier senkten
vor dem dumpfen Blick der Vielen,
der zum Einsamsein gereicht.
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Ein Blick,
ein Schritt,
ein Kreis,
ein Glück.
Doch ich,
hier draußen,
vom Schmerz
erdrückt.
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“Draußen bleiben” sagten sie,
Trotz alledem bleib’ ich noch steh’n.
“Unerwünscht” sagte man mir,
Trotz alledem bleib’ ich noch steh’n.
Man hat mich so hinausgetrieben,
Weggescheucht wie ein wildes Tier,
Mir alles genommen, alles geraubt,
Sie zwangen mich gebückt aus der Tür.
Trotz alledem bleib’ ich noch steh’n.
Meinen Namen trug die Scherbe,
An gebrochenem Ton mein Leben zerbrach.
Nun wandre ich draußen, ruhlos nur, wach.
Doch stehe ich weiter, bis ich bald sterbe.
Trotz alledem bleib’ ich noch steh’n.
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Aus der Ferne sehe ich eine Gruppe, die sich um etwas schart, was meinen Blicken verschlossen bleibt. Es gibt keinen Weg zu ihnen hin, Leere umschließt sie, umschließt mich. Ich beobachte sie ohne daß sie meine Blicke zu ahnen scheinen. Ihr Blick gilt nur dem inneren des Kreises. Plötzlich schaudert es mich. Ich tue etwas was ich nie zuvor getan. Ich wende meinen Blick rückwärts und sehe andere Menschen mich anschauend, aus dem Nichts – ein Weg tut sich auf.
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Ausgeschlossen. Unerwünscht. Feindselige Blicke streifen mich. Ich gehe den Gang entlang. Leises Getuschel verfolgt mich. Die Augen starr nach vorm gerichtet, gehe ich weiter. Sie wenden sich ab, zeigen mir die kalte Schulter. Mein Herz zerspringt, doch mein Gesicht bleibt eine glatte, ausdruckslose Fläche. Ich habe es aufgegeben gegen ihren Hass anrennen zu wollen. Ich will nicht mehr fragen, betteln, flehen, nach Antwort suchen. Ich mag unbeschrieben sein, leer, doch auch ich bin. Bin Mensch. Lebe. Fühle. Fühle wieder. Und dann nur Verständnislosigkeit und Schmerz. Was muß ich nur gewesen sein, um all das zu verdienen!? Sicherlich, ich muß etwas getan haben, das ihr Verhalten rechtfertigt. So viele Leute können nicht irren. Oder doch?
Ich renne gegen die Mauern des Vergessens in meinem Geiste an. Doch will ich sie wirklich durchbrechen? Was werde ich dort finden? Was, wenn ich auf eine Bestätigung für das Verhalten der Anderen treffe? Was, wenn selbst das graue Ausgeschlossensein besser ist als das, was ich war? Vorher.. Oder immer noch?
Ich spüre ihre Blicke in meinem Rücken. Wie Messerstiche. Aber kein Wort. Kein einziges Wort zu mir.
Ich muß eine Entscheidung treffen. Bald. Bevor ich hier zugrunde gehe. Mein Selbst ergründen oder fort? Vergangenheit oder Zukunft? Erkenntnis oder Leben? Ich will wieder Freude spüren. Lachen können. Sorglos. Nicht gehaßt. Und wenn das heißt alles zurückzulassen: so sei es!
Am Ende des Ganges ist eine Tür, eine Tür in die Freiheit. Ich öffne sie und bleibe noch auf der Schwelle stehen. Durchatmen. Und dann der Schritt ins Unbekannte.
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Nicht erwünscht.
Gesagt hat es noch keiner, doch es ist präsenter als alles andere. Präsenter als all die neuen Eindrücke in diesem fremden Land, präsenter als alle Schrecken der Flucht.
Nicht erwünscht.
Ich bin nicht erwünscht.
Wir sind nicht erwünscht.
Gehen.
Wir sollen wieder gehen.
Ich sehe es in den Augen der Menschen, die hier leben.
Ablehnung.
Mißtrauen.
Desinteresse.
Ja, ich bekomme Essen hier, Kleidung, einen Schlafplatz.
Doch hatte ich das nicht auch in der Heimat?
Vor der Angst, der ewigen Angst, der Ungewißheit bin ich geflohen. Und nun?
Die alte Angst ist einer neuen gewichen, die Ungewißheit ist allgegenwärtig, schlimmer denn je.
Werden sie uns zurückschicken?
Warum?
All unsere Hoffnung haben wir doch in unsere Flucht hierher her gesteckt. Hier sollten wir doch all dem Leid, der Angst entfliehen können.
Warum das Mißtrauen und die Ablehnung?
Ich will doch nicht viel.
Ich will niemanden etwas wegnehmen, niemanden zur Last fallen. Ich kann arbeiten, ich würde alles tun.
Nur keine Angst mehr, keine Ungewißheit.
Doch ich bin nicht erwünscht.
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Draußen bleiben. Ich soll – draußen bleiben.
Unerwünscht. Aussortiert.
Ich?
Ich soll draußen bleiben?
Draußen bleiben. Ich soll draußen bleiben?
Was soll ich sein?
Und immer gedacht, gehofft, geglaubt,
ich sei ein guter (?) Mensch,
sei vielleicht (?) auf dem richtigen Weg.
Sei Freundin. Sei gewollt.
Vielleicht sogar (?) geliebt.
Draußen bleiben. Ich soll draußen bleiben.
Singen unsere Lieder ohne mich
Wärmen sich am Feuer, rufen in die Nacht
Ohne mich. Alles ohne mich.
Draußen bleiben. Ich muß draußen bleiben.
Unerwünscht. Aussortiert.
Ich.
Ich soll draußen bleiben.
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Wer weitere Gedichte/Geschichten/Zeichnungen zum Thema hat oder sich inspiriert fühlt, der kann uns diese gerne zur Veröffentlichung zusenden bzw. anderweitig veröffentlichen.