februar 1813
Königlicher Aufruf: An mein Volk!
König Friedrich Wilhelm III. erließ am 03. Februar 1813 eine Allerhöchste Kabinetts-Order zur Bildung eines „Königlich Preußischen Freicorps“ auf Druck der Heeresreformer um Scharnhorst. Als Führer wurde der Major von Lützow bestellt. Zu diesem Zeitpunkt galt noch der Bündnisvertrag mit Napoleon vom 24. Februar 1812 über die Bereitstellung eines Hilfskorps von 20.000 Mann. Das ursprüngliche Hilfskorps des Generalleutnants Yorck war durch den „Neutralitätsvertrag von Tauroggen“ aus dem Bündnisvertrag ausgeschieden. Es mußte also eine Neuaufstellung erfolgen. Zudem drangen die Russen in Richtung Oder vor, und Napoleon drängte alle seine Bündnispartner, ihm neue Truppen zuzuführen. Der rührige Niedersachse Scharnhorst hatte dadurch den Vorwand erhalten, die preußische Armee verdeckt auf einen Abfall von Frankreich vorzubereiten. Die „Freischar Lützow“, wie sie von Zeitgenossen auch genannt wurde, setzte sich vorwiegend aus Handwerkern und Studenten zusammen. Sie hatte Zulauf aus ganz Deutschland und Österreich. Etwa 3.500 Mann folgten dem Aufruf. Ihr militärischer Wert blieb gering, wie bei allen Formationen der insgesamt lediglich 10.000 „Freiwilligen Jäger“ – der davon ausgehende Idealismus lebt jedoch weiter in den Traditionen der farbentragenden Studentenschaften im deutschsprachigen Raum. Die alten Reichsfarben Schwarz-Rot-Gold (seit dem 14. Jahrhundert) fanden sich auch in den Uniformen der Freischaren wieder und als Symbol der erstarkenden National- und Demokratiebewegung sind sie bis heute, insbesondere als Staatsflagge Deutschlands, allerorts präsent.
Professor Henrich Steffens ruft seine Studenten in Breslau zum Widerstand gegen Napoleon auf und schließt sich selbst als Freiwilliger den Truppen bis zur Einnahme von Paris an. Im Anschluß kehrt er nach Breslau zurück und nimmt seine Lehrtätigkeit wieder auf.
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Kosaken in Berlin
Der russische Generalmajor und Generaladjutant des Zaren Tschernitscheff war Befehlshaber des Streifkorps (Vortrab) von Kutusow. Aufgeteilt in mehrere Abteilungen überschritt diese Reiterei im Februar 1813 die zugefrorene Oder. Am 15. Februar näherte sich ein Aufklärungstrupp der Kosaken dem kurmärkischen Städtchen Wriezen, von Zellin her (heute Gierhof-Zelliner Loose). Der in russischen Diensten stehende Oberst Freiherr von Tettenborn besetzte am 17. Februar mit seinen Hauptkräften (2.000 Mann) die Stadt. Die Kunde davon erreichte das französisch besetzte Berlin und löste dort Alarm aus. Berlin hatte damals etwa 240.000 Einwohner und eine französische Garnison von ca. 15.000 Mann, davon etwa lediglich 5.700 kampffähige Soldaten. Die Bürgerschaft der Residenzstadt galt als franzosenfreundlich, zumal es in der Stadt die französische Kolonie der Hugenotten gab. Deshalb war Berlin auch nicht besonders befestigt worden, und der Garnisonsdienst verlief mit „Weib und Gesang“ recht locker. Trotzdem wurden am 18. und 19. Februar wichtige Personen, Materialien und Dokumente aus Berlin heraus nach Sachsen verbracht. Die Russen zogen über Strausberg und Altlandsberg nach Pankow, wo am Abend des 19. Februar das Truppenlager aufgeschlagen wurde. Einen Tag später unternahmen Kosaken einen Einfall in die Residenzstadt über ein unbewachtes Stadttor der Königsvorstadt (heute Berlin Mitte) in Richtung Alexanderplatz. Deutsche Patrioten hatten irrtümlich gemeldet, die dort wohnenden Berliner wären zum bewaffneten Aufstand bereit. Doch die Kosaken erhielten gerade dort Gegenwehr durch Soldaten der französischen Garnison, der preußischen Polizei und der Berliner Bürgerwehr. Mit der realen Situation konfrontiert traten die Kosaken mit einigen Gefangenen und wenig Beute den Rückzug an. Tschernitscheff und Tettenborn brachen das Pankower Lager ab und zogen sich am 21. Februar 1813 nach Oranienburg zurück. Für die verantwortlichen Franzosen in der Stadt hatte das personelle Konsequenzen: der Gouverneur Marschall Augerau wurde durch Marschall St. Cyr ersetzt und der Stadtkommandant General Dessair durch General Gifflenda.
Der russisch-preußische Bündnisvertrag von Kalisch 1813
Der in russischen Diensten stehende Freiherr vom Stein drängte den Zaren von Rußland, nach dem Neutralitätsabkommen von Tauroggen ein erneutes Bündnis mit Preußen einzugehen. Die russischen Truppen unter Oberbefehl des Marschalls und Fürsten Golenischtschew-Kutusow standen bereits mit ihrem Hauptquartier im bis zum Jahr 1807 preußischen Kalisch. Russische Kosaken und Husaren durchstreiften seit Anfang Februar die Kurmark, waren am 20. Februar, für einen Tag, bis zum Alexanderplatz in Berlin vorgestoßen. Es war also höchste Zeit, das Zwangsbündnis mit Napoleon zu lösen. Der Zar von Rußland war bereit, Preußen in den Grenzen von 1806 zu akzeptieren, mit Ausnahme des gegenwärtig französisch-polnischen Herzogtums Warschau. Preußen sollte dafür nach dem Sieg über Napoleon einen „Landausgleich“ von den Rheinbundstaaten erhalten. Der Abfall von Napoleon mußte natürlich zunächst geheimgehalten werden. Rußland sollte dem russisch-preußischem Bündnis 150.000 Mann zuführen, Preußen seinerseits 80.000 Mann. Gemeinsamer Oberbefehlshaber wurde, als Vertreter des Zaren, Marschall Kutusow. Damit wurde Preußen erneut zum Nachgeordneten der anderen Seite. Der Vertrag wurde am 27. Februar am preußischen Hof in Breslau unterzeichnet und am 28. Februar 1813 im nun vereinten militärischen Hauptquartier in Kalisch. So kam es 470 Jahre nach dem ersten Vertrag von Kalisch zu einer nicht minder bedeutenden Neuauflage.
februar 1913
Auflösung des Verbandes deutscher Wandervögel
Der einstige Bundesleiter des Wandervogels Deutscher Bund (DB) erklärte am 13. Februar 1913 die Auflösung des Verbandes deutscher Wandervögel. Damit war die Vereinigung der Wandervogelbünde im Wandervogel e.V. weitestgehend beendet.
Quelle: Kindt, Werner; Dokumentation der Jugendbewegung II; Der Wandervogel; 1968 Köln
Kaiserliche Anerkennung der Pfadfinderbewegung
Rechtzeitig zu den Festlichkeiten zum Kaiserjubiläum bestätigte Kaiser Wilhelm II. im Februar 1913 die Pfadfinderbewegung und genehmigte damit ihre Mitwirkung an der institutionellen Jugenderziehung. Im ganzen Land fanden daraufhin nationale Weihestunden statt, und fortan gelobten Pfadfinder ganz offiziell „treue Anhänglichkeit an König und Vaterland.“ Dem vorausgegangen war ein monatelanger Streit zwischen General von Jacobi und den Führern der Pfadfinderbewegung, der mit der kaiserlichen Anerkennung ein Ende fand.
Gusto Gräsers Blühtezeit
Das Jahr 1913 war nicht nur geprägt von aufkeimenden Jugendbewegungen. Es war auch die Blütezeit der Apostel und Heilsbringer. Eine der schillerndsten Personen dieser Spezies war wohl Gustav „Gusto“ Gräser. 1900 gründete er mit Gleichgesinnten die weltberühmte Kolonie auf dem Monte Verità („Wahrheitsberg“). Die Jahre darauf zog er zumeist freiwillig, teils auch unfreiwillig, durch die Lande. Erst 1912 wurden er und seine Familie wegen der „Verbreitung unzüchtiger Schriften“ aus Sachsen verwiesen. Anfang 1913 erreichte sein Planwagen Süddeutschland, wo er unter der Losung „Blüthezeit“ zu Vorträgen einlud.
Quelle: Hermann Müller, Der Dichter und sein Guru, Gisela Lotz Verlag, Wetzlar 1978
Buch 1913 – Der Sommer des Jahrhunderts
Auch diesen Monat möchten wir einige Anekdoten aus dem Buch „1913“ von Florian Illies nacherzählen. Im Februarabschnitt lesen wir …
…, wie der französische Physiker Charles Fabry im Frühjahr 1913 mit seinem Kollegen Henri Buisson durch UV-spektroskopische Messungen die Ozonschicht entdeckte. Zu diesem Zeitpunkt war diese, so Illies, noch vollständig intakt.
Am 16. Februar besteigt Josef Stalin am Wiener Nordbahnhof einen Zug gen Rußland. Eine Woche darauf wird Stalin in St. Petersburg auf offener Straße festgenommen. Beim Diebstahl seiner Verkleidung (Frauenkleider, Perücke) wird der Revolutionär gestellt und entdeckt. Vier Jahre Verbannung in Sibirien erwarten den zukünftigen Diktator.
„Es wird zu hell in Berlin.“ Jedenfalls zu hell für eine innerstädtische Sternwarte. Im Februar rollen die Abrißfahrzeuge an, und die Sternwarte wird abgerissen. Noch vor wenigen Jahren ist hier der Planet Neptun entdeckt worden, doch jetzt muß das Gebäude weichen. Innerhalb von wenigen Wochen wird aus einer architektonischen Meisterleistung von Karl Friedrich Schinkel wieder Acker. Land, das die preußische Regierung für 1,1 Millionen Goldmark verkauft, um von diesem Geld eine neue Sternwarte in Babelsberg zu finanzieren, wo zeitgleich auch die Filmstudios gegründet und eröffnet werden.
„Die Ausstellung mit neuer Kunst aus Europa fiel auf uns herab wie eine Bombe“, schreibt der amerikanische Künstler Alfred Stieglitz über die Kunstausstellung Armory-Show in New York. Die Ausstellung mit neuen europäischen Künstlern wie Picasso und Matisse markiert eine Kehrtwende in der zeitgenössischen Kunst. Die Zeit der Kubisten und Impressionisten bricht an. In den zu diesem Zeitpunkt künstlerisch rückständigen Vereinigten Staaten führen die Kunstwerke zu Protesten und Verbrennung, der Siegeszug der neuen Künstler ist trotzdem nicht mehr aufzuhalten.
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februar 2013
1.-2. Februar 2013 | Netzwerktreffen 2013 Prävention sexualisierter Gewalt in jugendbewegten Gruppen auf Burg Ludwigstein
“Vor einem Jahr trafen zum ersten Mal Vertreter verschiedenster Bünde auf dem Ludwigstein zu einem Vernetzungstreffen zur Prävention sexualisierter Gewalt in den Bünden zusammen. Als Erkenntnis nahmen wir mit, dass Vernetzung und überbündischer Austausch wichtige Elemente präventiver Arbeit bilden. [...]
1913 war Gustav Wyneken einer der Hauptredner auf dem Hohen Meißner. Mit seinem Buch „Eros“ wirkte er entscheidend an der Ideologiebildung eines „pädagogischen Eros“ mit, der in Wynekens Sinn auch der Rechtfertigung von sexuellen Kontakten zwischen Erziehern mit Zöglingen diente. Noch heute wird Wyneken vielfach für das gelobt, wofür er im Bereich der Schulerneuerung und Jugendkultur gestritten hat. Dabei wird allzu oft ausgeblendet und tabuisiert, dass er wegen sexuellem Missbrauch verurteilt worden ist.” (zitiert aus der Einladung)
1.-3. Februar 2013 | Vorbereitungstreffen Meißner 2013 – Forum Mitte auf Burg Ludwigstein
Das nächste Meißner Vorbereitungstreffen des Forums Mitte wird am 1.-3. Februar 2013 auf der Jugendburg Ludwigstein stattfinden. Bodenlager, Zelterküche, Tagungsraum und das Mittagessen am Samstag werden frei zur Verfügung gestellt.
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Am gleichen Wochenende findet auf der Burg auch eine Radiowerkstatt zum Thema 100 Jahre Jugendbewegung zusammen mit dem RundFunk Meißner statt.
16. Februar 2013 | 36. Hamburger Singewettstreit im Audimax der Hamburger Universität
Der 36. Hamburger Singewettstreit findet am 16. Februar 2013 statt.
Der Hamburger Singewettstreit ist eine traditionsreiche Veranstaltung, auf der sich junge Leute aus vielen bündischen, Pfadfinder- und ähnlichen Organisationen aus ganz Deutschland und machmal auch aus dem Ausland in der Sangeskunst messen. Er findet jeweils in den ersten Monaten des Jahres statt.