FRISCH GESUNGEN!

freibund cdvon Ketcha

Es gibt auf Erden keine Kultur, in der nicht gesungen wurde. Alle Völker hatten ihre Lieder, Volkslieder eben. In ihnen drückte sich ein allgemein menschliches Bedürfnis aus und zugleich das Besondere jeder Gruppe. Herder sah die Lieder als „Stimmen der Völker“ an.

Noch vor 40 Jahren wurde in Deutschland überall gesungen. Die Bundeswehr sang beim Marschieren. Jede Schulklasse, jeder Verein, der eine Busfahrt unternahm, sang während der Fahrt, Wander- oder Volkslieder, zuweilen auch Blödelgesänge (z.B. aus dem „Kilometerstein“). Viele Melodien nach Texten von Eichendorff oder aus der volkstümlichen Überlieferung waren fast jedem bekannt und wurden so häufig gesungen, daß wir Bündischen die Nase rümpften und sie nicht anstimmten, weil halt „jeder sie sang“.

Diese Gefahr besteht nicht mehr. Heute entsteht Peinlichkeit eher dann, wenn etwa eine deutsche Schüler- oder Studentengruppe im Ausland gebeten wird, ein paar deutsche Lieder zum besten zu geben. Nichts geht mehr…

In der deutschen Jugendbewegung war das Singen neben Fahrt und Lager das wichtigste Gemeinschaftserlebnis. Halbe und ganze Nächte hindurch wurde gesungen. Jedes Küken, jeder Pimpf war stolz auf sein handgeschriebenes Liederbuch mit bunt gemischten Texten, die man aber bald alle auswendig konnte. Und ich staune immer wieder, wenn alte Kameraden nach Jahrzehnten die alten Lieder noch im Kopf haben.

Daß gemeinsames Singen eine Gruppe ganz intensiv bindet, ist allgemein bekannt. Was bedeutet es da also, daß heute so wenig gesungen wird? Darüber sollte man vielleicht einmal nachdenken…

Es ist tröstlich, daß es auch heute noch Gruppen und Bünde gibt, in denen das jugendbewegte Singen lebt. Die Bünde sind sehr viel kleiner geworden als vor 1970, aber es gibt sie noch. Und gesungen wird mit gleicher Leidenschaft und oft erstaunlich gut.

Nun hat auch der Freibund nach vielen Jahren wieder eine CD mit dem Titel „Echte Freude“ herausgegeben, ein Gemeinschaftswerk von 15 Mädchen und Jungen, begleitet von mehreren Klampfen, Streichinstrumenten und einer Flöte. Das Niveau ist bei allen 22 Liedern erfreulich hoch. Helle Mädchen-, frische Burschenstimmen, sauber intoniert, aber ohne Schau und Selbstgefälligkeit. Zu loben ist die sorgfältige Artikulation der Texte, die man so auch ohne das hübsche Beiheft verstehen (und mitsingen) kann.

Die Auswahl der Lieder ist ebenfalls sehr gelungen.  Es fehlen der „bündische Kitsch“, die unechten Landsknechtslieder, alle peinliche Selbstdarstellung. Am Beginn stehen Morgenlieder, als erstes „Leuchtend die See“, wohl eines der schönsten und zugleich unbekanntesten. Es folgt „Der Morgen, das ist meine Freude“, die Strophe, die Eichendorffs Taugenichts singt, als er aus Italien in die Heimat zurückkehrt (von Werner Gneist um zwei Strophen ergänzt).

Neben weiteren Vertonungen Eichendorffscher Texte und anderen Liedern aus den Jugendbünden enthält die CD auch eine Reihe von Texten und Melodien, die im Freibund entstanden sind. Besonders hervorheben möchte ich die sehr schöne Vertonung von Karl Brögers „Morgensonne lächelt auf mein Land“ (erinnert sei hier an Heinrich Spittas vier- und fünfstimmige Chorsätze auf diesen Text).

Wer frisch-fröhliches bündisches Singen hören (und mitsingen) möchte, dem schenkt diese CD „Echte Freude“!


Willkommen , heute ist Montag, 25. November 2024