von Kai
Mit ungebrochenem Charme begrüßten Hein & Oss ihr Publikum zur Ausstellungseröffnung „Das literarische Werk der Rheinland-Pfälzer Volkssänger“ in der Lobby des Landtages Rheinland-Pfalz. Mit einem Paukenschlag führte der Präsident des Landtages das Publikum in den Abend ein, indem er die beiden Barden als „zwei Teufelskerle, die auf dem Weg des Liedes ihre Mitmenschen zu mehr gegenseitiger Achtung bringen möchten“, präsentierte. Dem folgte eine eindrückliche Lebenswürdigung durch den Journalisten Tom Schroeder, der einen Streifzug durch „166 Jahre Hein & Oss“ hielt. Dabei wurden Schlaglichter wie die Jugend in Pirmasens, die entbehrungsreichen Jahre der Nachkriegszeit und „Emanzipation“ im weitesten Sinne als große gesamtgesellschaftliche Überschrift der ausgehenden 60er Jahre gestreift. All das verarbeiteten Hein & Oss in ihren Liedern und wurden so selbst zu einem Element dieses Wandels, den sie gleichsam mitgestalteten. Ihre fulminanten Auftritte auf Sängerwettstreiten und bei eigenen Konzerten wirken dabei fast wie das Sahnehäubchen, das „halt“ dazugehört, und lassen den steinigen Weg zu Anerkennung und angemessener Würdigung oft genug wie ein sorgloses Dahinwandeln auf einer lichten Waldwiese erscheinen.
Damit ist es bei Hein & Oss allerdings gar nicht so weit her. Jetzt folgt nämlich ihr eigener Auftritt an diesem Abend. Zum Einstieg wählten sie den bündischen Klassiker „Auf vielen Straßen dieser Welt“. Ein wehmütiges Raunen ging durch das Publikum. Dann gab Hein eine Kostprobe aus seinem Werk „Auf der Saurierzunge – Geschichten eines Vaganten“. Dabei entfaltete er vor den Gästen eine feinsinnig-ergreifende Miniatur bei der Mittagsrast im Schatten an einem Teich. Gleich Boten aus einem anderen Zeitalter läßt er dabei Eidechsen als die phantastischen und riesenhaften Hauptdarsteller an ihrer Wasserstelle im Wald auftreten. Mit schelmisch-augenzwinkerndem Unterton, halb Dichtung, halb Wahrheit, zieht er die Zuhörer schon nach wenigen Sätzen so sehr in seinen Bann, daß man sich selbst im windstillen Nachmittagsschatten wähnt und sich erst wie aus einem Traum zurückfinden muß, nachdem der letzte Satz verklungen ist.
Nun folgt Oss mit Ausschnitten aus seiner Motorradreise vom Rhein zum Ganges „Das Morgenland ist weit“ durch Regionen der Welt, die bei ihrer Erwähnung auch heute noch das Stichwort „Abenteuer“ als ein reales erscheinen lassen. Oss kann sich denn auch nicht verkneifen, als er am Hindukusch angelangt ist, kurz einzuwerfen: „Das war aber lange vor ‚zu Guttenberg’ – da hat noch keiner von dem geredet!“ Indes, man spürt förmlich die fremdländischen Gerüche und Sinneseindrücke, die sich wie ein roter Faden durch Oss’ Reisebeschreibung ziehen, und hält verstohlen und leicht beschämt nach Äpfeln und Aprikosen Ausschau, als die Reisebeschreibungen Ostpersien streifen.
Viel zu schnell sind die kurzen Einblicke in ein jugendbewegt-urwüchsiges und selbsterringendes Leben vorüber. Der Ansporn, es ihnen gleich zu tun und der eigenen Überzeugung nachzueifern, was auch immer die Welt davon halten mag, bleibt als sachter, aber bestimmter Nachhall im Raum zurück. Hein & Oss bereiten einen bemerkenswert lebendigen Abgang, indem sie „Am Gringo-Paß“ ins Publikum schmettern, nicht ohne humorig dazwischenzuwerfen, die ersten drei Strophen könne man getrost vergessen, die seien bloß als Einleitung gedacht. Die entscheidende sei die vierte mit der „Señorita“ – und den beiden Lausejungens aus der Pfalz, die sie nicht mehr vergessen kann. Ebenso wird auch der Abend ein unvergeßlicher bleiben und der Eindruck von Hein & Oss ein dauerhafter. Die Gäste ließen ihn bei einem guten Pfälzer Tropfen und abwechslungsreichen Gesprächen ausklingen. So manche altbekannte Geschichte wurde aufgewärmt, und auch neue Erlebnisse fügten sich in den Kreis der Klassiker. Wenn auch nicht gleich eine neue Reise an den Ganges in Angriff genommen wurde, so standen doch Fahrtenfreude und Fernweh in so manches Gesicht geschrieben.