Bericht von der Winterbauhütte

 

burg-im-schneevon Kai

Das Wochenende versprach eines der Superlative zu werden. Überall sprachen die Nachrichten von einer bevorstehenden Schneekatastrophe. Das konnte über 100 Jugendbewegte und Bündische zwischen Karlsruhe und Kiel natürlich nicht davon abhalten, dem Aufruf der Burg Folge zu leisten, wieder ein Wochenende mit Hand anzulegen und bei der Erhaltung und Modernisierung „ihrer“ Burg einen entscheidenden Beitrag zu leisten. Wie sich am deutlichsten an den Patenräumen widerspiegelt, wurde hier erneut Herausragendes geleistet.

Am Freitag abend standen allgemeines Eintreffen und erste Absprachen mit Lucas an, der als Freiwilliger in der Denkmalpflege aktueller Organisator seitens der Burg ist. Ein wichtiger Programmpunkt sind auch immer die Singerunden am offenen Feuer im großen Saal und im Kaminzimmer. Als idealer Treffpunkt zwischen Nord und Süd dienen sie auch dem regen Gedanken- und Liedgutaustausch; oft, nachdem man sich für Monate nicht gesehen hat. So wurde wieder bis tief in die Nacht geplaudert, gestaunt und gesungen.

Das konnte die Bauhüttenmannschaft jedoch nicht davon abhalten, am nächsten Morgen schon zu früher Morgenstunde wieder ihren Mann zu stehen. Wer Feste feiert, kann schließlich auch feste arbeiten. Nach gewohnt knappen einleitenden Worten seitens des Bauhüttenkreises ging es gleich zur Sache, sprich: an die verschiedenen Baustellen. Ein von Kafe geleiteter Trupp wurde für Restarbeiten von der Sommerbauhütte zum Brunnenhaus abkommandiert. Der Stamm Löwenherz im BdP, Lipper Wandervogel, Sollinger Fahrtenbund und Deutsche Gildenschaft nahmen Verbesserungen an ihren eigenen Patenräumen in Angriff. Der Ska-Bund nahm „seine“ Sauna auseinander (und setzte sie bis zum Abend auch wieder zusammen!).

karl-fischerAllenthalben hämmerte und werkelte es, und wenn man nicht so viel Vertrauen in die Urwandervögel hätte, die die Burg schließlich wieder aufgebaut hatten, wären einem zwischendurch Bedenken gekommen. Vor allem im Meißnerbau dröhnte es ganz gewaltig, und nach kurzer Zeit zogen so dichte Staubschwaden durch die Burg, daß alle Verbindungstüren geschlossen und sogar mit Malerfilz abgedichtet werden mußten. Karl Fischers Büste im Treppenhaus harrte einsam in dem Höllenlärm aus. Erst bekam er graue Haare, und schließlich war er kreidebleich.

 

Die Ursache war der Verputz im Wohnbereich der oberen Etage, der komplett erneuert wird. Dazu mußte er nun erst einmal ab, und das in nur zwei Tagen. Mit entsprechend viel jugendbewegtem Schwung und ebensoviel Energie seitens der elektrischen Schlagbohrer gingen die verschiedenen Teilnehmer aus den Bünden einsatzfreudig ans Werk, und es hätte gar nicht viel gefehlt, daß noch mehr als nur der Putz beseitigt worden wäre. Zwischenzeitlich wackelte jedenfalls die ganze Burg.

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Dazwischen wurde das Mittagessen als vielleicht nicht willkommene, aber doch notwendige Unterbrechung in Anspruch genommen, und kurzfristig verbesserte sich auch die Sicht in den Treppenhäusern und Gängen der Burg wieder. Als um 19.30 Uhr die Hammer und Kellen sinken durften, war das Werk ein erhebliches Stück fortgeschritten, und allerorts waren zufriedene und zumeist erschöpfte Gesichter zu sehen. Doch noch war nicht aller Tage Abend, vor allem heute nicht, an einem Bauhüttentag! Zuerst gab es, von Stiftung beigesteuert, sehr reichlichen und wohlgeratenen „Grünkohl mit Pinkel“, danach wurde auch ein Fäßchen aufgemacht. Das war indessen kaum nötig, denn die Stimmung war allgemein sehr gelöst, nicht zuletzt ob der bereits geleisteten Arbeiten. Im Laufe des Abends wechselten die Lieder dann immer wieder zwischen beschwingt-fetzig und getragen hin und her. Diejenigen mit dem meisten Durchhaltevermögen kamen dabei schon wieder ziemlich nahe an die Morgenrunde heran. Das änderte nichts daran, daß noch einige Stunden Arbeit vor uns lagen, denn an allen Baustellen mußte ein Abschluß gefunden werden, der die Burg ab dem Mittag wieder einwandfrei benutzbar machen sollte. Teilweise war der Bauhüttenkreis etwas sprachlos, was für einen zügigen Fortgang der Arbeiten sorgte. Ob dies an der langen Nacht lag, konnte indessen nicht in Erfahrung gebracht werden.

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Nachdem alle Baustellen ordentlich aufgeräumt wieder verlassen waren, trafen wir uns um 11:30 Uhr im Burghof zur Schlußrunde, denn es stand noch ein weiterer Programmpunkt auf dem Plan. Nachdem das Darlehen seitens der Vereinigung an die Stiftung für die neue Archivtreppe sozusagen vor Zeugen in eine Schenkung umgewandelt worden war, wurde noch kurz der Stand der einzelnen Arbeiten dargestellt. Nach einem gemeinsamen Abschlußlied gingen alle hinüber in den Meißnersaal. Dort sollte nun eine Feierstunde zur Grundsteinlegung des Enno-Narten-Bausstattfinden. Mit einem furiosen Auftritt sorgte Stephan Sommerfeld für eine umwerfende Moderation. Man konnte bei seinen deutlichen Worten wenigstens erahnen, wieviel Enthusiasmus und Duchrchhaltevermögen notwendig waren, um den jetzigen Stand zu erreichen. Das Land Hessen wird alleine die Hälfte aller bereitgestellten Fördermittel tragen. Ein nicht unwesentlicher Anteil muß allerdings in Eigenleistung, das heißt: von jedem einzelnen Bauhüttenteilnehmer erbracht werden, damit das gesamte Konzept aufgeht. Ein Auftrag, und gleichzeitig ein Ansporn, auf dem begonnenen Weg voranzuschreiten. Das geht allerdings nur, wenn man sich mindestens über diesen Weg einig ist. Daß dabei den Bünden auf der Burg entscheidendes Gewicht zukommt, erkannten dabei vor allem Frau Staatssekretätrin Müller-Klepper und Eva Eisenträger, unsere Stiftungsvorsitzende. Das gemeinsame Werk steht und fällt mit der für alle gemeinsam offen stehenden Burg. Dementsprechend betonte Eva auch die demokratische Grundeinstellung, die von Offenheit und Toleranz geprägt sein muß, will man das Gemeinsame nicht aus dem Blick verlieren. Und darum, um unsere Burg und ihren Fortbestand, geht es schließlich uns allen!

grundstrohlegung

Den krönenden Abschluß bildete dann die gemeinsame „Grundballen“-Legung, denn der Neubau soll nach einem alternativen Baukonzept in Strohballen-Lehmbauweise errichtet werden. Die Ansprache dazu hielt wie vor 25 Jahren auch Professor Jürgen Reulecke, Stiftungsvorsitzender der Stiftung Dokumentation der Jugendbewegung und der Burg aufs Engste verbunden. Anhand der verschiedenen Meißnertreffen seit 1913 führte er in spannenden Parallelen durch die gesamte neuere, d.h. jugendbewegte Baugeschichte der Burg, die sich immer in einem gleichmäßigen Abstand vor den Meißnertreffen vollzog. So auch diesmal. Noch ist ein weites Stück Weges bis zur Vollendung des gemeinsamen Werkes zurückzulegen, doch der Grund ist jetzt gelegt. Möge, wie es Jürgen Reulecke so schön mit einem Gedicht von Rilke zu treffen verstand, unter wiegenden Gerüsten und dem Hallen unzähliger Hämmer der Bau langsam Konturen annehmen, und damit das gemeinsame Ganze zu einem greifbaren Werk werden lassen. Noch viele ebenso frohe und arbeitsreiche Bauhütten erwarten uns dazu.

Das vorhergesagte Schneechaos blieb aus, mindestens im schönen Werratal. Die Superlative setzten wir dafür selbst. Daß dies nur ein Anfang war, ließ uns die Grundsteinlegung am Ende erahnen – und mit der festen Überzeugung auseinandergehen, uns zur Sommerbauhütte mit genauso viel Freude und Schaffenskraft wieder zusammenzufinden wie in diesem Winter. Auf zu neuen Taten!

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Weitere Bilder und Berichte gibt es auf den Seiten der Burg.


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