Es gab sie und es gibt sie: sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen innerhalb der Jugendbünde. Nachdem 2010 mehrere Fälle öffentlich wurden, sammelte sich ein Arbeitskreis zu diesem Thema unter dem Begriff „Schatten der Jugendbewegung“, der sensibilisieren und aufklären, präventive Hilfestellungen erarbeiten und vernetzen will. Vernetzung setzt Anknüpfungspunkte voraus: viele heutige Jugendbünde widmen sich seit einiger Zeit dieser Thematik und sensibilisieren ihre Gruppenführer und Jugendlichen vor Täterstrategien im eigenen Milieu und Machtmißbrauch.
Um Hintergrundwissen zu erlangen, fand anläßlich des ersten Treffens ein Gang durch das Archiv der deutschen Jugendbewegung statt. Dieser zeigte, daß es sich bei den Fällen der vergangenen Jahre um kein Einzelphänomen handelt. Vor einigen Tagen nun erschien ein Buch, welches sich den Fällen an der Odenwaldschule widmet und dabei auch Verstrickungen in das jugendbewegte Milieu offenlegt. Ein erschreckendes Buch, über das geredet werden muß! Bei den Recherchen von Christian Füller entstand allerdings das Bild, als wäre es besonders die Jungenschaftsbewegung dj.1.11 gewesen, die Ideologien einer „Knabenliebe“ gehuldigt hätte. Tatsächlich gab es in der Bundesrepublik mehrere jungenschaftliche Bünde, in denen unter einem postulierten „Eros“ einzelne Gruppen- und auch Bundesleiter sexuelle Gewalt an Gruppenmitgliedern begangen haben. Dennoch wäre ein verengter Blick auf das jungenschaftliche Milieu innerhalb der Jugendbewegung trügerisch: war es doch gerade der Jungenschaftsführer tusk (Eberhard Köbel), von dem eine der wenigen sehr klaren Stellungnahmen zu diesem Thema aus den Jugendbünden der Zwischenkriegszeit überliefert ist:
„Man kann die 30Jährigen in der Jugendbewegung in solche teilen, die die Schamhaftigkeit eines Knaben bewahrt haben, und solche, die mit Führern und Jungen über Eros sprechen oder den Eros untrennbar in ihr Weltbild hineinflechten. Also, wenn sie über Grundsätzliches sprechen, unbedingt aufs Erotische kommen. Diese letzte Art von 30Jährigen gehört aus dem Tempel verjagt [...] Ich sah an verschiedenen Stellen Wirkungen solcher verbrecherischer Ideologien, die natürlich den wirklich Schuldigen unantastbar lassen und die Jugend zerrütten und z.T. ins Gefängnis werfen. Ich habe diese meine Ansicht schon im „Gespannten Bogen“ angedeutet. Es genügt anscheinend nicht die Andeutung. Ich verhänge sie hiermit über dj.1.11 als puritanisches Dogma: Wer über Eros spricht, oder den bösen Schein das zu tun nicht vermeidet, wird verjagt und geächtet.
Ich weiß, daß wir uns hierin von der ganzen Jugendbewegung einschließlich DPb, DF, Fred Schmid bewußt und scharf trennen. Dort duldet man, schweigt – anstatt anzuklagen – stellt keine Grenze auf. Es gibt keine erotische Wahrheit. Nur eine: das angeborene junge Schamgefühl zu verteidigen und nicht über Eros zu sprechen, zu lesen, zu hören, zu schreiben. Wer sie nicht achtet, spürt unsere Waffen.. [...] Ich übernehme die Verantwortung, Jungen aus der häuslichen Einfalt zu reißen, nur, wenn ich Gewähr bieten kann, daß sie sich bei uns besser entwickeln. Das kann ich nur bei konsequenter Trennung von Peter Martin Lampel, André Gide, Fred Schmid und ach, noch so einigen. Dazu gehört eine tiefe ethische dienstliche Bindung an Ideale, an soziale Ideale, die der egoistisch-erotischen Einstellung des Erfolgsjägers widersprechen.“
[Aus einer Nachricht von tusk zum Übertritt von Alf Block aus dem Grauen Corps in die dj.1.11, Tyrker 19 -Herbst 1931]
Bildquelle: Attischer Rotfigurteller 540-530 vor Christus
Literatur:
- Christian Füller, Sündenfall – Wie die Reformschule ihre Ideale mißbrauchte, DuMont Verlag, Köln 2011, ISBN: 383219634X
- Braun, Gisela / Hasebrink, Marianne u.a. (Hrsg.) (2003): Pädosexualität ist Gewalt. (Wie) Kann die Jugendhilfe schützen? Beltz-Votum-Verlag, Weinheim 2003, ISBN: 3-407-55896-1

Infolge der sogenannten Corona-Krise gab es viel Stillstand aber ebenso viel Bewegung. Aus diesen Bewegungsimpuls ist eine neue Gemeinschaft erwachsen, die sich in Anlehnung an das Virus Corona (lat. Für Krone oder Kranz) „Tatenbund Krone“ nennt. Im Gründungsaufruf heißt es u.a.:


Den Anfängen der Lebensreform in der Mark Brandenburg widmet
Es ist einige Monate her, da erhielten wir Post von Arno Klönne. Statt eines längeren Kommentars oder einer umfangreichen Ergänzung eines Artikels schickte er uns kommentarlos den Hinweis auf sein neues Heftchen, welches dieses Jahr in der Schriftenreihe der Landeszentrale für politische Bildung (LfpB) Thüringen erschien. Seine Nachricht blieb bis zu seinem Tod unbeantwortet. Nun haben wir das Heft bestellt, gelesen und stellen es hiermit vor.
von bjo:rn

