Ein Wandervogel hält der Welt den Spiegel vor.
Vor nunmehr 30 Jahren starb am 9. November 1980 im Alter von 87 Jahren der Künstler A. Paul Weber.
Das A. steht für Andreas. Sein Doppelname gab ihm die Möglichkeit sich von anderen Paul Webers seiner Zeit abzugrenzen. Warum er diesen Namen aber stets abkürzte, wird wohl sein Geheimnis bleiben. Wer aber war dieser Künstler, der sich selbst gern in der Gestalt des Fuchses oder Narren sah? Unser „Paulchen“ war ein alter Wandervogel!
Seit 1910 finden wir seinen Namen, damals 17 Jährig, unter den Fahrtenaufrufen der Wandervögel aus Arnstadt. Auf den Wanderfahrten im Jungwandervogel lernte er seine Heimat und die Natur kennen und lieben. Diese Jugenderlebnisse in der Gemeinschaft der Wandervögel sollten sein Leben entscheidend prägen.
Zu dieser Zeit erstellte er auch seine ersten Zeichnungen, Holzschnitte und Lithographien. Sein künstlerisches Talent sprach sich rasch herum und schon bald fanden sich seine Grafiken in den verschiedensten Bünden der Jugendbewegung wieder. Besonders nach dem 1.Weltkrieg illustrierte er zahlreiche Bücher und Zeitschriften. Quer durch die verschiedensten weltanschaulichen Strömungen der Bünde hindurch finden wir seine Werke. Besonders fühlte er sich in den zwanziger Jahren aber dem Bund der Fahrenden Gesellen zugehörig, zu dessen Ehrenmitglied er 1924 ernannt wurde. A. Paul Weber nahm regelmäßig an deren Führer- und Bundestagen teil und gestaltete für die Fahrenden Gesellen viele Einladungen, Zeitschriftentitel und Werbekarten. Auch das bis heute bestehende Bundeswappen mit Fiedel, Kornblume und Schwert entwarf Weber.
Doch A. Paul Weber blieb nicht in den Jugendbünden stehen. Von früh auf war er ein kritischer Beobachter seiner Zeit. In bissigen Karikaturen zeigte er menschliche Laster wie die Geldgier oder entwarf scharfe Satiren zu aktuellen politischen Ereignissen. Dies führte ihn in die Kreise nationaler und zugleich unangepasst denkender Menschen wie den konservativ-revolutionären Ernst Jünger oder den Nationalrevolutionär Ernst Niekisch. A. Paul Weber verachtete zu dieser Zeit alles Kleinbürgerlich-Spießige und liebte das Revolutionäre. Dies trieb ihn letztlich in Opposition sowohl gegen die Republik von Weimar als auch gegen Hitler und dessen „Drittes Reich“.
Erst in der Bundesrepublik gelang ihm der gesamtgesellschaftliche Durchbruch und seine zeitkritischen Werke fanden weite Verbreitung. 1971 wurde ihm für sein Werk das große Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen.
Themen seiner späteren Werke waren etwa die unverantwortliche Umweltzerstörung, die Gefährdungen der Menschheit durch moderne Kriege sowie Intrigen, Falschheit und Mißstände in der Politik, Religion, Wirtschaft und Gesellschaft. Neben diesen oft „unschönen“ Bildern finden sich aber immer auch schöne Landschaftsbilder, menschliche Charakterköpfe und possierliche Tierbilder. Bei all seiner Zeitkritik hat er doch nie das Gute und Schöne vergessen, jenes Lebensgefühl, welches er im Wandervogel kennen gelernt hatte.
Weiterführendes:
Helmut Schumacher und Klaus J. Dorsch: A. Paul Weber. Leben und Werk in Texten und Bildern, E. S. Mittler und Sohn Verlag, Hamburg 2003
A. Paul Weber – Museum in Ratzeburg