Iran: aus aktuellem Anlaß

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Published on: 4. Juli 2009

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In den Bergen wohnt die Freiheit!

„[…]Wenige Zeit später gehen wir das letzte Stück auf einem einfacheren Weg über Geröll zum Gipfel. Kaum befinden wir uns über den höchsten Wegen, fordert mich ein Mädel aus der Gruppe auf, „die Freiheit“ zu genießen. Ich verstehe nicht gleich, was sie damit meint, da fordert sie mich auf, es ihr gleichzutun und mein Kopftuch abzunehmen. Ich mache wohl ein so verdutztes Gesicht, daß uns Achmed sofort erklärt: „In den Bergen wohnt die Freiheit!“ Wir bräuchten uns wegen des Kopftuches keine Sorgen zu machen. Hier oben gebe es keine „Sittenpolizei“ mehr, und er werde mir schon sagen, wann ich es wieder aufsetzen solle. […]

Die Dämmerung fällt über das Land, und ein alter Mann fängt an, eine wundersame alte Weise zu singen. Die Jungen bleiben auch nicht stumm und stimmen fleißig mit ein. Bald kommen wir an die Reihe und tragen eines unserer Lieder vor. So wechseln sich fremde und heimische Weisen ab bis tief in die Nacht hinein.

Zu diesem Zeitpunkt haben wir verstanden, was Achmed meinte, als er uns anbot, persische Kultur kennenzulernen. Aber wir sollen noch mehr erleben dürfen. Eine unserer Begleiterinnen stimmt mit den „Jungen“ ein Lied an und klatscht dazu in die Hände, ein Mädchen und ein Junge tanzen dazu. – Der Tanz ist eine Ode an die Beweglichkeit der Tänzer, welche sich umeinander winden, ohne sich auch nur ein einziges Mal zu berühren.

Es ist spät geworden, und auch unser Ausflug in „Tausendundeine Nacht“ muß einmal zu Ende gehen. Bei dem nächtlichen Abstieg aus den Bergen werden wir jäh in die Realität zurückgeholt. An uns brausen mehrfach mit je zwei Männern besetzte Mopeds vorbei: die „Sittenpolizei“! Etwas weiter unten dringt monoton eine Durchsage aus den immer lauter werdenden Lautsprechern: „BITTE VERLASSEN SIE DIE BERGE! ES IST NICHT ERLAUBT, BEI NACHT IN DEN BERGEN ZU BLEIBEN!“ Die Wege sind hell von Scheinwerferlicht erleuchtet …

Unfaßbar, daß eine so wunderbare Märchenwelt direkt neben einer so grausig anmutenden Realität leben kann.

Blicke ich zurück, fühle ich mich sehr glücklich, diesen Nachmittag und die Freundlichkeit der Iraner erlebt haben zu dürfen. Und nicht nur in den Bergen haben wir viele nette Menschen kennengelernt. Unvergessen ist zum Beispiel auch ein kleines Mädchen, das mit sehr viel Liebe und Energie versucht hat, uns das muslimische Leben und die Schönheit seiner Welt zu erklären.

(Auszüge eines Großfahrtartikels aus dem Iran, Vorveröffentlichung aus na klar! 116, 2009)


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