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neunzehndreizehnlektüre

Das Jahr 2013 ist in doppelter Hinsicht ein Jubiläumsjahr. Noch vor hundert Jahren überschlug man sich mit Schriften, Eröffnungen und Festlichkeiten anläßlich des Jubiläums der Völkerschlacht bei Leipzig. Dieses Ereignis genießt seinen nationalen und europäischen Auswirkungen zum Trotz heute eine geradezu bescheidene, regionale Beachtung. Dezent anders verhält es sich mit dem Vorkriegsjahr 1913 und seinem freideutschen Gründungsfest auf dem Hohen Meißner. Einige Publikationen haben sich dieses Themenkomplexes angenommen. Zwei von ihnen möchten wir hiermit vorstellen. …

zwölfdreizehnschnipseleien | september 13

september 1813

Dennewitz – Napoleons Ende in Preußen

Der Kaiser der Franzosen befand sich in der zweiten Augusthälfte 1813 im großen Feldlager der Franzosen bei Wittenberg an der Elbe. Von hier aus sollten seine Streitkräfte die „Rebellen-Hauptstadt“ Berlin wieder einnehmen und die Landverbindung zwischen Berlin und Hamburg auf Dauer sichern.

Der erste Vorstoß auf Berlin scheiterte in der Schlacht von Großbeeren am 23. August 1813. Alarmierend für Napoleon war die Tatsache, daß sich ein Teil „seiner“ sächsischen Regimenter dem Feind widerstandslos ergeben hatte.
 

september 1913

Abstinenzbewegung in Leipzig

Neben dem Deutschen Bund abstinenter Studenten, welcher einer der Ideengeber des alkoholfreien Jahrhundertfestes auf dem Hohen Meißner war, finden sich in der Abstinenzbewegung zahlreiche Bünde für unterschiedlichste Interessengruppen zusammen. Eine dieser Gruppen ist der Deutsche Bund abstinenter Frauen. Auch dieser Bund läßt sich von den anstehenden Feierlichkeiten inspirieren. Die sächsische Landesvorsitzende Gustel von Blücher ist von den Ausmaßen des Völkerschlachtdenkmals in Leipzig so beeindruckt, daß sie meint, es müsse in Leipzig auch ein Denkmal für die Befreiuung vom „inneren Tyrannen“, dem Alkohol, geben.

Gustav Adolph Wyneken – Schatten oder Lichtgestalt?

von bjo:rn

Blickt man heute auf den Ersten Freideutschen Jugendtag und das Jahr 1913 zurück, so scheint eine Person für die Jugendbewegung unübersehbar, omnipräsent und geradezu unersetzlich gewesen zu sein: Gustav Wyneken. Man meint, in ihm den Verfasser der Meißnerformel erkannt zu haben, was wohl nicht zutreffend ist. Er gilt als pazifistischer Mahner des Hohen Meißners, ungeachtet der Tatsache, daß er mit Ausbruch des Krieges glühender Anhänger desselbigen wurde.[1] Auch sein idealisiertes Weltbürgertum zerfällt spätestens an seinen ausformulierten „Weltanschauungen“ nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges.[2] Dieser zweite Wyneken wird insbesondere in jugendbewegten Kreisen gerne ignoriert. Gewiß greifen diese knappen Ergänzungen und Korrekturen zu kurz, eine Würdigung seiner Person möchten wir auch gerne jedem selbst überlassen und zur eigenen Lektüre auffordern.

Anfangen ließe sich mit dem Werk „Die neue Jugend“ aus dem Jahr 1914. Hierin heißt es im Kapitel 5 – Jugendliche Erotik:

Zur Beachtung für die Wandervogelfahrten.

„Die Wandervogelfahrten (Seite 60 ff.) werden unter Umständen auf den 17.-19. Juli 1913 verschoben, worüber den bis 1. Juli angemeldeten Teilnehmern vom Obmann noch rechtzeitig Mitteilung zugehen wird.“

Mit diesem knappen Vorwort ist das Turnfahrtenbuch anläßlich des 12. Deutschen Turnfestes zu Leipzig versehen. Auf den 240 Seiten des Heftes werden 154 Turnfahrten, angefangen von der Region rund um Leipzig, über den Harz, die Sächsische Schweiz, das Fichtel- und das Erzgebirge – letztlich Fahrten von der Kieler Bucht bis in die Alpen vorgestellt. Der Orient-Reiseklub lädt zum krönenden Schluß sogar zu Klubfahrten nach England/Schottland, Frankreich und Rußland ein. Zu diesem Zeitpunkt ahnt noch niemand, daß es mit dem unbeschwerten Fahren bald vorbei sein könnte. Auf Seite 60 des Heftchens werden die Wandervogelfahrten wie folgt vorgestellt: …

zwölfdreizehnschnipseleien | juli 13

juli 1813

Gipfeltreffen auf Schloß Trachenberg

Am 10. Juli 1813 traf Karl Johann, von Stralsund kommend, auf Schloß Trachenberg ein, das seit 1741 zum preußischen Regierungsbezirk Breslau gehörte. Er war der letzte der eingeladenen Gäste, der dort eintraf. Doch auf ihn hatten alle bereits gewartet: Der Kaiser von Rußland, der König von Preußen und die Spitzen der alliierten Diplomatie, wie Hardenberg, Stadion, Nesselrode und Wolkonski. Alexander I. von Rußland umarmte ihn und begrüßte Karl Johann als „Mitglied in der Familie der Könige“. Friedrich Wilhelm III. von Preußen mißtraute dagegen diesem „Jakobiner und Verwandten des Anti-Christen“ zutiefst.
 

juli 1913

Vorbereitungstreffen in Jena

Am 5. und 6. Juli finden sich in Jena Vertreter aller interessierten Bünde einer alternativen, abstinenten Jahrhundertfeier ein, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Im „Bericht über die vorbereitende Besprechung einer Jahrhundertfeier aller lebensreformerischen Verbände“ heißt es hierzu:

Zur Motivation:

Hähnel (Vortrupp): Das Fest soll auch für künftige Jahre nachhaltig wirken. Es muß deshalb den Charakter der einzelnen Bewegungen zum Ausdruck bringen, damit die Jugend ihre Ziele klar erkennt. Einigkeit und Geschlossenheit ist vor allem notwendig; besonders da das Fest in Hinblick auf 1813 gefeiert wird, wo sich gezeigt hat, was Einigkeit vermag.

zwölfdreizehnschnipseleien | juni 13

juni 1813

Die “Konventionen von Reichenbach”

Der Frühjahrsfeldzug Napoleons gegen die verbündeten Russen und Preußen kam 70 Kilometer vor Breslau zum Stehen durch den Waffenstillstand von Pläswitz/Poischwitz. Napoleon bezeichnete diese Entscheidung später als seinen (!) größten Fehler des Jahres 1813. Nach den Schlachten von Großgörschen (2. Mai) und Bautzen (20./21. Mai) drängten die Russen auf einen Rückzug ihrer Hauptkräfte auf das östliche Oder-Ufer. Obwohl die Preußen im Mai 1813 die größten Verluste hinnehmen mußten, waren sie mit dieser Entscheidung nicht einverstanden.
 

juni 1913

Serakreis und Werkbund

Zum großen Werkbundfest auf den Saalewiesen bei Bad Kösen traf sich der Serakreis am 7. Juni 1913 mit „Seraleuten“ aus Jena, Weimar, Naumburg und Leipzig. Dieses Fest fand im Anschluß an die Jahresversammlung des Deutschen Werkbundes (DWB) in Leipzig statt. Diederichs hatte den Anspruch, den Werkbundleuten „ein Beispiel von Festkultur zu geben und praktisch zu zeigen, daß sich eine Tagung von Künstlern und Werkbundleuten nicht bloß in Reden erschöpfen dürfte.“ So kam es, daß die anwesenden Wandervögel und Sera-Leute Volkstänze tanzten und Volkslieder sangen. Zudem wurde Goethes Singspiel „Die Fischerin“ aufgeführt. Die Ausdruckstänzerin Clotilde von Derp gab dem Fest eine avantgardistische Note.

Aus vollem Herzen jung sein: Der Anfang. Zeitschrift der Jugend

von rosé

Alles Neue bringt der Mai: Im Monat Mai des Jahres 1913 erscheint die erste Ausgabe der Jugendzeitschrift „Der Anfang. Zeitschrift der Jugend“. Presserechtlich vom Schulreformer Gustav Wyneken verantwortet, erscheint die Monatszeitschrift unter der Herausgeberschaft der beiden 1892 geborenen Studenten Georges Barbizon (Pseudonym für Georg Gretor, einen früheren Wickersdorfschüler) und Siegfried Bernfeld, des später bekannten Pädagogen, Jugendforschers und Psychoanalytikers. Der forsche Duktus der Beiträge und die harschen Kritiken am bestehenden Schulsystem sorgen in der Öffentlichkeit für großes Aufsehen. Erstmals erhebt sich eine Schrift, eine explizit jugendliche Gegenöffentlichkeit für den gesamten deutschen Sprachraum zu bilden. So schreibt Georges Barbizon in der ersten Ausgabe der Zeitschrift, daß diese eine „Tribüne der Jugend“ sei: …

Vorkrieg 1913 – Beilage zum Vorkriegsjahr

Unter dem Titel „Vorkrieg 1913“ lag der Wochenzeitung Das Parlament in Ausgabe 12/2013 ein Heft aus der Reihe Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ) bei, welches vielfältige Einblicke in das Vorkriegsjahr 1913 gewährt. Neben den uns schon bekannten Schlaglichtern von Florian Illies schildern die Beiträge die krisenhafte und „bedingt kriegsbereite“ Situation in Europa und die zeitgleiche Entwicklung in Amerika. Christoph Nübel führt dabei in seinem Beitrag „Bedingt kriegsbereit. Kriegserwartung in Europa vor 1914“ aus:

Das Militär verfügte in den meisten europäischen Staaten über ein hohes Ansehen und diente als Vorbild für Jugendorganisationen. …

100 Jahre Robert Jungk: Zukunftsforscher, Umwelt- und Friedensaktivist, Jugendbewegter

von rosé

Am 11. Mai 1913 erblickte der spätere Publizist, Journalist und Zukunftsforscher Robert Jungk († 1994) in Berlin das Licht der Welt. Einem anderen Licht – dem der Atombombe – sich scharf entgegenstellend und das der natürlichen Sonne für bedeutend wertvoller einschätzend, war Robert Jungk einer der wichtigsten frühen Streiter der internationalen Friedens- und Umweltbewegung. Weniger bekannt ist seine jugendbewegte Vergangenheit beim deutsch-jüdischen Wanderbund „Kameraden“. Rückblickend schrieb er 1993 hierzu: …

zwölfdreizehnschnipseleien | mai 13

mai 1813

Tod auf dem Scheiterhaufen

Am 28. Mai 1813 wurden zur Hinrichtung von Johann Peter Horst (30) und seiner Geliebten Friederike Luise Delitz (21) die letzten Scheiterhaufen in Deutschland entzündet. Den Mitgliedern einer Mordbrennerbande wurde vorgeworfen, in 45 Fällen vorsätzlich Brände gelegt zu haben, um die Betroffenen während der Löscharbeiten berauben zu können. Dabei waren mehrere Menschen ums Leben gekommen. Niemals mehr danach sollten in Deutschland Scheiterhaufen ein Todesurteil vollstrecken. Mit der Französischen Revolution gewann die Guillotine an Attraktivität.

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mai 1913

Studentenbewegung

 

Zeitgleich zu den Bundestagen der Wandervögel tagte auch der Allgemeine Deutsche Burschenbund (ADB). Diesen burschenschaftlichen Dachverband hatte die neu gegründete Vandalia, ihrer Abstinenz und ihrer reformerischen Ideen zum Trotz, um Mitgliedschaft angefragt. Da Vandalen zuvor auf den bierseligen Kaiserkommersen mit Zitronen- statt mit Gerstensaft auf Kaiser und Vaterland anstoßen und auch durch andere Stilreformen für Mißstimmung bei ADB-Bünden gesorgt hatten, zogen sie ihr Mitgliedsersuchen kurzfristig zurück. …

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